Achtsam sein und Achtsamkeitstechniken (English: Mindfulness) sind im Vormarsch. Sie erweitern das rein konsumorientierte Erleben von Wellness & Wellbeing um die bewusst (handelnde) Wahrnehmung dessen, was jetzt gerade ist. Dabei ist es unerheblich, ob die jeweilige Situation eine Herausforderung oder von Haus aus schon Wohlbefinden ist.
Achtsam sein ist eine Aktive Handlung
Achtsamkeit heißt: In einer überfüllten, überreizten, überkomplexen Welt müssen wir lernen, uns auf neue Weise auf uns selbst zu besinnen. Uns vergewissern, um leben zu können. Und gleichzeitig birgt der Begriff der Achtsamkeit die tiefere Erkenntnis, dass die Welt gar nicht wirklich über-füllt, über-reizt, über-komplex ist.
Wir erkennen, dass wir die Welt durch unser MIND selbst konstruieren. Wir machen die diversen Hysterien durch unsere Aufmerksamkeiten erst stark! An diesem Punkt wird Achtsamkeit zu einem Freiheitsbegriff – und genau das macht seine Sprengkraft aus. Zitat aus „Gibt es einen Megatrend Achtsamkeit?“
Sieben Unterschiede des aktiven achtsam Seins
#Infografik am Beitragsende
Der amerikanische Psychologe und Autor diverser Bücher zum achtsam Sein Elisha Goldstein, beschreibt in seiner Kolumne bei Mindful.org die wichtigsten sieben Punkte, die Achtsamkeit praktizierende Menschen grundsätzlich anders machen, aber auch wie wir beginnen können diese in unserem Leben zu integrieren. Ich habe mir erlaubt diese frei zu übersetzen und mit eigenen Erfahrungen aus Achtsamkeitsübungen zu garnieren.
achtsame Unterschiede #1
Aktive Praxis von Neugier
Nichts ist so stark wie der Reiz des Neuen. Insbesondere für die Schaffung neuronaler Verbindungen ist die Neuigkeit der leichteste Weg. Achtsame Menschen nutzen bewusste und aktive Wahrnehmung von ganz alltäglichen Situationen.
Zum Beispiel das Essen, um sich der Vorstellung all dessen hinzugeben, was mit für das Entstehen des Mahls alles nötig war. Das Wachsen der Lebensmittel, die Sonne, der Regen, die Ernte, das Einkaufen, die Menschen, die Ihre Zeit für Wachstum, aber auch die Zubereitung eingebracht haben. So kann das Achtsamsein ein einfaches Essen zur Quelle von Dankbarkeit für das Ineinandergreifen aller Dinge werden.
achtsame Unterschiede #2
Selbstvergebung & Einladung
Das Leben besteht aus vielen Herausforderungen. Auch auf dem Pfad zur erweiterten Achtsamkeit ist das so. So geht es mir immer wieder so, dass ich weil ich zu müde, faul, unbedacht oder vergesslich bin, meine aktiven Meditationszeiten am frühen Morgen verpasse. Leider passiert es dann auch, dass ich mich allzu schnell selber be-/verurteile und mein Verhalten mit „Loser“ abstemple.
Doch besinne ich mich im Moment des Feststellens, dass dieses „Hinfallen“ nur ein wundervolles Wahrnehmen einer neuen Chance zum „Wiederaufstehen“ ist, kann sich die Selbstverurteilung in eine Selbstvergebung wandeln. „Vergeben und Einladen“ ist das achtsame Mittel, um die Kraft zu finden immer wieder aufzustehen, ohne in Selbstverurteilung stecken bleiben zu müssen.
achtsame Unterschiede #3
Emotionen mit Leichtigkeit nehmen
Sobald wir anfangen Emotionen zu beobachten, können wir beginnen zu erfahren, dass es Energien in (Motion) Bewegung sind. Sprich sie kommen und gehen. Erst wenn wir beginnen Emotionen als kommend – aber auch wieder (weg-) gehend – wahrzunehmen, haben wir die Möglichkeit schwierige Empfindungen mit Sanfmut und Zärtlichkeit anzunehmen.
Selbstverständlich gilt das ebenso für besonders angenehme Gefühle, die ebenso kommen und gehen. Wer sich in Achtsamkeit übt, kann auch angenehmes Befinden mit Leichtigkeit loslassen, sowie Dankbarkeit und Gnade für das Erfahren aller Emotionen entwickeln.
achtsame Unterschiede #4
Mitgefühl praktizieren
Der amerikanische Psychologe Elisha Goldstein definiert Mitgefühl als Wahrnehmung von Leid mit einer Neigung zur Hilfe. Die Wiederholte Praxis absichtlicher, neugieriger und forschender Aufmerksamkeit für uns selber sendet dem Gehirn die Botschaft, dass wir es wert sind uns mit uns zu beschäftigen. Geben wir schwierigen Gefühlen achtsame Aufmerksamkeit verlieren wir stückchenweit die Angst vor ihnen.
Statt dessen werden sie zu unseren Lehrern, die uns dabei führen unsere und die Bedürfnisse Anderer immer besser zu verstehen und somit uns und anderen besser Unterstützung geben zu können. Dieser aktive Akt des (Selbst-) Mitgefühls ist ein entscheidendes Heilmittel, welches Verbindung -einen Eckpfeiler zum Glücklichsein- fördert.
achtsame Unterschiede #5
Frieden mit Unvollkommenheit schaffen
Viele von uns sind sich ihrer Unvollkommenheit bewusst, was aus einer Staumauer stetiger Selbstverurteilung aufbricht. Wenn wir beginnen Präsenz im Jetzt zu praktizieren können wir das zwar nicht unmittelbar ändern, aber wir können sehen, das nicht nur wir alleine unvollkommen sind. Unvollkommenheit ist eine zutiefst menschliche Eigenschaft.
Mit der Zeit verlieren aufkommende Unvollkommenheiten ihren Kampfcharakter. Statt dessen können sie zur Quelle des Begreifens der Menschlichkeit aller Menschen.
In Harmonie mit der Ganzheit aller Dinge zu sein, heisst keine Sorge über unsere Unvollkommenheit zu hegen. Zitat von Dōgen Zenji
Einfacher gesagt als getan, oder? Achtsamkeit zeigt uns den individuellen Weg in diese Richtung!
achtsame Unterschiede #6
Umarme die Verletzlichkeit
Ich weiss nicht wie es für Sie ist, aber die eigene Unvollkommenheit anzunehmen ist schonmal ne echte Herausforderung für mich. Sie fängt in meinem Beruf als Autor beim Hang zu Rächtschribfehlärn und komplizierten Satzkonstruktionen an. Was hier eine korrigierbare (Lektoren-) Challenge darstellt, wird in meinem persönlichen Blog zur offenen Achillesferse beruflicher Verletzlichkeit.
Unser Gehirn ist darauf programmiert uns und andere vor Verletzungen zu schützen. Wie auch immer, das Praktizieren von Achtsamkeit führt zum Verstehen, dass Verletzlichkeit der Ort ist, wo das Gold liegt. In meinem Fall zeigten mir meine „Verletzungen“ der Schulzeit, die mich zeitweilig (6.-9. Klasse) zum „Grammatikkrüppel“ abgestempelt hatten, den späten Weg zum Blogger und mehrfachen Buchautor.
Wenn wir unsere Verletzungen und Empfindlichkeiten annehmen, können wir Vertrauen und Mut entwickeln, die es uns erlauben uns mit unseren Schwächen sicher zu fühlen. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir immer und überall verletzlich sind! Nein, wir können durch achtsames Beobachten unseren Blick dafür schärfen und uns mehr und mehr vertrauen.
achtsame Unterschiede #7
Verstehen, dass Alles kommt und geht
Wenn es eine singuläre Regel im Leben gibt, dann ist es, dass es (ausser dieser Regel) nichts gibt das konstant ist. Das Meer und seine Ebben und Fluten ist ein sehr feines Bild dafür.
- Wenn wir unsere Augen schliessen hören wir Geräusche kommen und gehen
- Wenn wir die Augen öffnen erkennen wir Veränderungen durch Jahreszeiten
- Der Geschmack des Essens, welches in unseren Mund gelangt kommt und geht
- Wir werden geboren, werden Erwachsen, älter und eines Tages gehen wir wieder
Wenn wir achtsames Sein praktizieren wird das Leben aufgrund dieses Begreifens immer kostbarer. Irgendwann begann sogar der 24/7 always-online-freak in mir, das iPhone häufiger auszuschalten. Liebes Netz, ich bin langsamer als Du, wurde zum Ausgangspunkt der Hinwendung zur Achtsamkeit jenseits des Social-Media-Machers.
achtsame Unterschiede #StartNOW
Aber wo beginnen mit den achtsamen Unterschieden. Wie starten in einer Welt, die immer schneller ist, uns immer mehr abverlangt, immer lauter, immer …, immer … ist?
- Machen Sie z.Bsp. jetzt nach dem Lesen den Rechner, das Handy oder Tablet aus.
- Schliessen Sie die Augen, richten Sie den inneren Blick auf Ihren Atmen; spüren Sie wie beim Einatmen kühle Luft am Inneren Ihrer Nasenflügel vorbeifliesst; spüren Sie beim Ausatmen, wie die nun wärmere Luft wieder nach aussen strömt.
- Nachdem Sie das einige Atemzüge lang gemacht haben, richten Sie Ihre Achtsamkeit auf das Hören; nehmen Sie wahr was um Sie herum geschieht
- Auch können Sie den inneren Blick auf die Resonanz des gelesenen Textes richten
Sie brauchen nichts, ausser im JETZT zu sein, um in die achtsamen Unterschiede einzutauchen.
Infografik und Text basierend auf Mindful.org